Briefwechsel Johann Leonhard Rost


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Rost, Johann Leonhard (1688-1727)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 21. Juni 1724
Signatur UB Basel: L Ia 720, Bl. 121r-v, 124r
Transkription Hans Gaab, Fürth

HochEdler, Vest und Hochgelahrter
  Hochgeehrtester Herr
   Hochgeschätzter Gönner.

Ich zweifele nicht daran, es werde mein letztens vom 2 Junius mit der Post, richtig bey Ihnen angelanget seyn. Da ich nun dazu mal versprochen, ein Exemplar meiner Beschreibung der letzten Sonnenfinsterniß,[1] nebst der Pariser Observation des ☿ii in ☉e[2] nachzuschicken, und ich heute erfahren, daß ein hiesiger Kaufmann nach Berlin abreißen wird; als habe ihm beydes mitgeben, und gegenwärtige Zeilen, eilfertigst beyfügen wollen. Ich habe zugleich des Hl. von Wurzelbau Observation, mit dem Schemate beygeleget, wie er mir beydes zugestellet, und daneben befohlen, daß an Ew. HochEdl. sein ergebenstes Compliment machen solte. Ich kan mich nicht mehr erinnern, ob ich neulich die Ingolstaedter Observation mit überschicket, dahero ich sie hier der hiesigen angehänget.[3]

[Bl. 121v] Hl. Prof. Müller in Altdorf, hat mir zwar seine Observation auch versprochen, aber noch nicht communiciret, dahero ich sie bey einer andren Gelegenheit werde nachsenden müssen. Was Hl. Prof. Hausen zu Leipzig[4] von der jüngsten Eclipsi, so wol besonders, als contra den Jesuiten P. Rebeque,[5] in dem Supplemento Actorum Eruditorum Mensis Maji edirt,[6] das wird Ew. HochEdl. vielleicht schon bekand seyn. Occasione des letzten Scripti, habe erfahren, daß der Jesuit P. Nicasius Grammaticus, nach deßen datis, ich meine projection gemacht, den horarium umbrae Lunaris zu klein angesetzet, und da ich des Hl. P. Hausen, seinen horarium ex post facto[7] meinem Schemate applicirt, fand ich den Anfang zu Nürnberg um 6 H. 34.' 20, das Mittel um 7 H. 26. 45. die Größe 11 dig. fere und bey dem scheinbaren Untergang der ☉ hätte sie noch 6 dig. 50 min. verfinstert seyn sollen. Diese Momenta, treffen mit Manfredio[8] und der Observation, näher zu und weil das, was ich von der Eclipsi ☽ari, der description angehänget, auch zu viel von Manfredio abweichet, welches in andren fällen nicht geschehen, so muthmaße ich, daß in den Datis Nicasii Grammatici, ebenfalls ein error typis vel calculi stecken müsse, den ich bey gelegener Zeit, näher unter

[Bl. 124r]
suchen werde. Was Ew. HochEdl. von Ihrer Observation, in den gelehrten Zeitungen publicirt,[9] das habe gelesen, bin aber sehr begierig, die Observation in Expanso, und die Schützische[10] darneben zu sehen. Sie seyen derohalben so gütig, mir beyde bald zu übersenden, und Ihre Meinung wegen meines Bruders observation anzuhängen, der ich indeßen mit unveränderlicher Aufrichtigkeit beharre

Ew. HochEdl.

Nürnberg.
d. 21 Junii 1724

gantz ergebenster treuer
diener.   

Johann Leonhard Rost.

Beilage 1
Die Beobachtungen von Delisle zum Merkurtransit vom 9. November 1723 in der Übersetzung von Rost[11]


Beilage 2
Beobachtungen der Sonnenfinsternis vom 22. Mai 1724 durch J. C. Rost, Wurzelbau und Grammatici[12]


Fußnoten

  1. Rost, Johann Leonhard: Curieuse Vorstellung und Beschreibung der grossen sichtbaren Sonnen- oder Erd-Finsterniß Anno 1724. [Montag] d. 22. May. Nürnberg: Adam Jonathan Felßecker 1724.
  2. Zu Rosts Übersetzung der Beobachtungen von Delisle vgl. auch: Von der Erscheinung des Mercurii in der Sonne. Breslauische Sammlung 26, Herbst-Quartal 1723, erschienen 1725, S. 504-521, hier S. 510-521.
  3. Sowohl die Beobachtungen von Wurzelbau als auch die aus Ingolstadt sind in der Abschrift überliefert, die Celsius bei seinem Aufenthalt in Nürnberg im Sommer 1733 aus den gesammelten Beobachtungen von Doppelmayr abschrieb, siehe UB Uppsala: A 533 d, Bl. 94r (Wurzelbau), Bl. 110r (Ingolstadt).
  4. Christian August Hausen der Jüngere (1693-1743) lehrte u.a. die Mathematik in Leipzig.
  5. Joseph Ignatz Rebecque, französischer Jesuit aus Artois.
  6. Hausen publizierte 1724 eine kleine Schrift zur damaligen Sonnenfinsternis:
    Hausen, Christian August: Phaenomena solis a luna tecti conspicua in novilunio mens. Maii Lipsiae d. XXII. Maii MDCCXXIV. horis vespertinis. Leipzig: In Atrio Curiae 1724.
    In den Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen, Nr. 39 vom 15. Mai 1724, S. 392 wird auf diese Schrift aufmerksam gemacht. In den Supplementa zu den Acta Eruditorum, Tom VIII., S. 333-345 reichte er dann eine Auseinandersetzung mit Rebecque nach: Phaenomena transitus Penumbrae u. umbrae plenae supra Tellurum, in Novilunio Mensis Maji, d. 22. Maj 1724. Eine kurze Zusammenfassung davon findet sich in den Neuen Zeitungen, Nr. 54 vom 24. Juli 1724, S. 606
  7. ex post facto: nachträglich gemacht.
  8. Eustachio Manfredi (1674-1739) lehrte die Astronomie in Bologna.
  9. Vgl. die Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen, Nr. 45 vom 1. Juni 1724, S. 448.
  10. Johann Georg Schütz (?-1730) wurde 1720 neben Kirch als Observator der Sozietät angestellt. Kirch sollte ihn einarbeiten. 1725 ging Schütz als Professor für Mathematik nach Frankfurt an der Order.
  11. Vgl. für eine gekürzte Version dieser Übersetzung: Extract eines Schreibens von Herrn Joh. Leonhard Rost. Neue Zeitungen von gelehrten Sachen, Nr. 103, 25. Dezember 1724, S. 1078-1081.
  12. Die Beobachtungen Wurzelbaus und die von Grammatici (Beilage 4 und 4 bzw. Bl. 110) wurden dem Brief vom 21. Juni beigefügt. Da es sich aber um Beobachtungen zu ein- und derselben Sonnenfinsternis handelt, wurden diese Beilagen hier zusammengefasst.