Galilei und Marius


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... von der Sonne herkämen, sondern durch die dazwischen liegende Luft. Doch wie bei den Fixsternen, meint Marius, dass die Ursachen zumindest zum Teil, vom leuchtenden Körper selbst herkämen. Er vermeinte drei Bewegungen bei den Wellen zu erkennen, nämlich eine Schwingung, die von der Sonnne selbst herkommt, eine durch die Luft verursachte, und die kleinen Sprünge, die das Bild der Sonne wie auch ihrer Flecken zeigt. Für diese letzte Erscheinung fand er keine Erklärung.

Der Name von Fabricius und die Erwähnung der Sonnenflecken weist auf einen weiteren Punkt hin, der dem Renommee von Galilei sehr abträglich ist. Wie wissen jetzt dank den gewissenhaften Studien des Herrn Gerhard Berthold,[1] dass Johann, der Sohn von David Fabricius, die Sonnenflecken am 9. März 1611 entdeckt hat, und seine Entdeckung auch veröffentlich hat, und zwar in einem Buch mit dem folgendem Titel: Johann Fabricius: De maculis in Sole observatis, & apparente earum cum Sole conversione Narratio. 4. Wittenberg. Unter diesem Titel ist diese Arbeit in den Katalogen der Frankfurter Herbstmesse von 1611 verzeichnet. Zu dieser Zeit wurden die Messkataloge regelmäßig von den Gelehrten konsuliert, um wissenschaftliche Neuigkeiten zu erfahren. Wie sein Brief an J. M. Wacker bezeugt, hat Kepler auf diese Weise von der Entdeckung des Fabricius erfahren.[2] Dass Galilei, der ständig auf der Suche nach Neuentdeckungen war, ebenfalls die Kataloge konsultiert hat, beweist sein Brief an Giuliano de Medici vom 1. Oktober 1610.[3] Darin bittet er darum, ihm Keplers Optik zu schicken, sowie dessen Arbeit über den Neuen Stern und weiter eine Arbeit über die Bewegung der Erde, deren Titel er vor zwei Jahren im Frankfurter Katalog gelesen hatte. Trotzdem schrieben sich Galileo und Scheiner 1612 in ihrer Polemik über die Sonnenflecken die Ehre der Entdeckung jeweils selbst zu, obzwar sie vor Fabricius nichts darüber veröffentlicht hatten. Aber lassen wir Herrn Berthold zu Wort kommen:[4]

"Die Sonne, das Weltauge durch Flecken getrübt! - noch i. J. 1672 sträubt sich Otto von Guericke gegen eine solche Annahme[5] - welch' ein Aufsehen musste die Schrift erregen! Nichts von alledem! Vergebens durchforschen wir die gleichzeitige Literatur; vergebens blättern wir in dem Briefwechsel der Zeitgenossen - den Namen Johann Fabricius begegnen wir nicht - Kepler, Maestlin und Simon Marius sind ...


Fussnoten

  1. Berthold, Gerhard (1834-1918): Der Magister Johann Fabricius und die Sonnenflecken nebst einem Excurse üer David Fabricius. Leipzig: Veit & Comp. 1894.
  2. [Anmerkung des Bearbeiters] Johannes Kepler an Johann Matthäus Wacker (1550-1619), Prag 1612: "Tandem igitur nobis credendum est, non frustra fuisse promissionem Joannis illius Fabricij, qui proximis nundinis, indice catalogo, maculas Solares nobis est pollicitus?" (Kepler, Johannes: Gesammelte Werke, Band XVII: Briefe 1612-1620) München 1955, S. 8).
  3. [Anmerkung des Bearbeiters] Der Brief von Galilei an Giuliano de' Medici (1574-1636) vom 1. Oktober 1610 ist unterdessen abgedruckt in Band X (1934) der Edizione Nazionale, S. 439-441.
  4. [Anmerkung des Bearbeiters] Berthold 1894, S. 14.
  5. [Anmerkung des Bearbeiters] Guericke, Otto von: Experimenta Nova. Amsterdam: Jansonius 1672, Lib. I, cap. XIII, S. 21: "Alii eas (sc. maculas solares) Sidera esse judicant, & quidem rectius, ne in Sole, totius Mundi oculo, maculas vel ignobilia entia fingamus." Vgl. Berthold 1894, S. 27 Fußnote 25.