Johann Christoph Müller
einer der wichtigsten Kartografen von Österreich und Ungarn.* 15.03.1673 in der Nürnberger Vorstadt Wöhrd[1] ; † 21.06.1721 in Wien[2]
- Vater: Johann Müller (1620/21-1678),[3] Lehrer.
- Mutter: Ursula Lufft.
- Bruder: Johann Heinrich Müller (1671-1731).
- Heirat: Müller starb unverheiratet.
Lebenslauf:
Müller arbeitete von 1692 bis 1696 als Assistent von Georg Christoph Eimmart (1638-1705) auf dessen Sternwarte. Auf Vermittlung von Eimmart gelangte er in die Dienste des Grafen Luigi Ferdinando Marsigli (1658-1730), der sich Kaiser Leopold (1640-1705) im Kampf gegen die Türken angeboten hatte. Darüber lernte Marsigli die Gegenden Osteuropas längs der Donau bis hinunter zum Bosporus kennen. Nun suchte er einen fähigen Mitarbeiter, der aus seinen zahlreichen flüchtigen Skizzen brauchbare Landkarten machen konnte. Diesen Mitarbeiter fand er in Müller, der seine Erwartungen nicht enttäuschte.
Marsiglis militärische Karriere endete 1703, als er für den Fall von Breisach verantwortlich gemacht wurde. Müller arbeitete daraufhin als hochgeachteter Kartograf für das österreichische Kaiserhaus. Im Juni 1721 erkrankte Müller schwer. Er starb am 21. Juni und wurde in Wien am Schottenfriedhof beerdigt.
Wirken:
Aus der Zusammenarbeit von Müller und Marsigli entstanden die ersten Karten weiter Gebiete Ungarns, die nach wissenschaftlichen Maßstäben angefertigt wurden. Erstmalig wurde hier der Verlauf der Donau einigermaßen genau festgelegt. So war bis dorthin unbekannt, dass sich die Donau östlich von Esztergom nach Süden wendet (Donauknie). Nach dem Frieden von Karlowitz 1699 musste die Türkei Ungarn an Österreich abtreten. Marsigli war derjenige, der den neuen Grenzverlauf aushandelte und Müller derjenige, der ihn auf genauen Karten dokumentierte.
Marsigli hatte aber auch wissenschaftliche Ambitionen: So plante er einen großen Band über die Donau, in dem die Donau unter geografischen, astronomischen [soll heißen: kartografischen], hydrografischen, historischen und physischen Gesichtspunkten abgehandelt wurde. Auf Grund der Lebensumstände Marsiglis konnte der Band Danubius Pannonico-Mysicus erst 1726 in Amsterdam erscheinen. Die darin befindlichen Kupferstiche wurden größtenteils von Eimmart in Nürnberg erstellt, die Karten der Donau und Ungarns stammen von Müller. Der erste Teil dieses Bandes ist unterdessen als Reprint erschienen, siehe die Literaturhinweise.
Als Kartograf in österreichischen Diensten zeichnete Müller die ersten genauen Karten von Böhmen und Mähren. Er wurde darüber einer der wichtigsten Kartografen Österreichs und Ungarns. Das notwendige Handwerkszeug hierzu hat er bei Eimmart auf der Sternwarte in Nürnberg gelernt.
Mitgliedschaften und Ehrungen:
Müller war zu seinen Lebzeiten ein hochgeachteter Kartograf. Darüber wurde er 1713 zum Ingenieurhauptmann ernannt und erhielt 1716 ein mit Diamanten besetztes Portrait des Kaisers.
Ausgewählte Werke:
- Ad G. C. Eimmartum Epistola, qua Mercurii Solem subeuntis observationem Comitis Marsigli Viennae a se habitam eidem patrono suo dat, dedicat, consecrat Jo Christ. Müller. Wien: Christoph Lercher 1698
Die wichtigsten Karten Müllers
- Karte von Ungarn, 1709
Augustissimo romanor. imperatori Josepho I., Hungariae regni invictissimo mappam hanc regni Hungariae propitiis elementis fertilissimi cum adjacentibus regnis et provinciis nova et accuratissima forma ex optimis schedis collectam D.D.D. ejusdem S. majestatis camera regia Hungarica / opera J.C. Mülleri ; J.A. Pfeffel et C. Engelbrecht sc. 1709 - Karte von Mähren, 1714
Tabula Generalis Marchionatus Moraviae, gestochen 1714 von Christoph Leidig - Karte von Böhmen, 1720
Mappa geographica regni Bohemiae in duodecim circulos divisae, gestochen von Michael Kauffer (1673-1756) aus Augsburg - Alphabetisches Register, Uber die vornehmsten in der Müllerischen grossen Charte vom Königreich Böhmen und deren XXV. mit Römischen oder grossen Zahlen im Register angewiesenen Stücken befindlichen Städte und Flecken, 1720
Literatur:
- Deák, Antal András: Johann Christoph Müller. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 92 (2005), S. 159-198
- Deák, Antal András: A Duna Fölfedezése. Marsigli, Luigi Ferdinando: Danubius Pannonico-Mysicus. Tomus I. Esztergom: Vizügyi Múzeum 2004. Reprint des ersten Bandes der Donaumonografie von Marsigli mit einer ungarisch-englischen Einleitung. (Im Besitz der Stadtbibliothek Nürnberg)
- Deák, Antal András: Landkarten aus dem Schatten des Halbmondes. Esztergom: Duna Múzeum 2006. Umfassender Katalog der Landkarten Müllers. (Im Besitz der Stadtbibliothek Nürnberg)
- Gaab, Hans: Zum 300. Todestag von Johann Christoph Müller (1673-1721). Regiomontanusbote 34/3, 2021, S. 10-11
- Paldus, Josef: Johann Christoph Müller. Ein Beitrag zur Geschichte vaterländischer Kartographie (Mitteilungen des k. und k. Kriegsarchivs. Dritte Folge, V. Band). Wien: Seidel & Sohn 1907, S. 1-121
Links:
Biografisches
- Neue Deutsche Biographie (Ehefrau fehlerhaft zugeschrieben)
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Übersicht über Müllers Briefwechsel mit Eimmart aus dem 3. Band des Eimmart-Nachlasses
Astronomische Beobachtungen Müllers
- Sonnenfleckenbeobachtungen von 1719/20 aus dem Nachlass von Eimmart
Landkarten von Müller und deren Derivate online
- Müller'sche Karte von Mähren und ihre Derivate [Kartensammlung Moll]
Karten von Mähren aus der Homannschen Offizin mit der Karte Müllers als Vorlage
- Karte mit den sechs Bezirken von Mähren im Maßstab 1:640.000
- Karte der Bezirke Znaim und Iglau im Maßstab von ca. 1: 240.000
- Karte des Bezirks Brünn (nördlicher Teil) im Maßstab von ca. 1:240.000
- Karte des Bezirks Brünn (südlicher Teil)
- Karte des böhmischen Bezirks Olmüntz im Maßstab von ca. 1:240.000
- Karte des böhmischen Bezirks Prerau im Maßstab von ca. 1:240.000
- Karte des heute zu Ungarn gehörigen Kreises Hradisch im Maßstab von ca. 1:230:000
Karten der einzelnen Bezirke
Karten von Böhmen aus der Homannschen Offizin mit der Karte Müllers als Vorlage
- Kreiskarte von Böhmen im Maßstab von ca. 1:680.000
- Karte von Böhmen, Schlesien und Mähren im Maßstab von ca. 1:960.000. Originalkarte von Müller, überarbeitet von Tobias Mayer u.a.
- Karte des böhmischen Bezirks Bechin im Maßstab von ca. 1:270.000
- Karte des böhmischen Bezirks Beraun im Maßstab von ca. 1:150.000
- Karte des böhmischen Bezirks Jungbunzlau im Maßstab von ca. 1:220.000
- Karte des böhmischen Bezirks Chrudim im Maßstab von ca. 1:190.000
- Karte des böhmischen Bezirks Caslau im Maßstab von ca. 1:190.000
- Karte des böhmischen Bezirks Kaurim im Maßstab von ca. 1:180.000
- Karte des böhmischen Bezirks Leitmeritz im Maßstab von ca. 1:170.000
- Karte des böhmischen Bezirks Pilsen im Maßstab von ca. 1:230.000
- Karte des böhmischen Bezirks Prachin im Maßstab von ca. 1:210.000
- Karte des böhmischen Bezirks Rakonitz im Maßstab von ca. 1:160.000
- Karte des böhmischen Bezirks Königgrätz im Maßstab von ca. 1:230.000
- Karte des böhmischen Bezirks Saaz im Maßstab von ca. 1:230.000
- Karte der Kreise Elbogen und Eger im Maßstab von ca. 1:130.000
Karten der einzelnen Bezirke
Fußnoten
- ↑ "15. [März 1673] ♃ Johann Müller, Schulmeister, Ursula: Johann Christoph: H. M. Johann Greßman, Rector zu St. Lorenzen" (Taufen Nürnberg-St. Bartholomäus (Wöhrd): Taufen 1556-1674, Bl. 229r).
- ↑ "♃ 28. [Oktober 1721] Der WolEdel Gestreng und Groß. [?] Johann Christoph Müller, Ihro Römisch Kayl. und Königl. Majestät wolbestellter Ingenieur Hauptmann des Erb. und Wolgel. Johann Müller weil. ehedem Schulmeister des Markts und Vorstadt Wöhrd S. n. E. S. in der Kaÿßerl. Residenz Stadt Wien verschieden" (Bestattungen St. Lorenz 1703-1741, S. 230). Vgl. den Brief von Johann Heinrich Müller an Scheuchzer vom 09.08.1723.
- ↑ "Febr. 7. [1678] Hl Johann Müller, Schulmeister, aet. 57. Jahr" (Bestattungen Nürnberg-St. Bartholomäus (Wöhrd) 1632-1742, Bl. 77v.