Galilei und Marius


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... Unterschied ab, bald nach Süden, bald nach Norden; dies geschieht vornehmlich dann, wenn zwei Monde zunächst in Konjunktion erscheinen und dann der eine sich dem Jupiter nähert, der andere aber entfernt."[1]

In seiner Analyse dieser Erscheinung bemerkt Marius zuerst: "Auch dieses Phänomen fiel deutlich in die Augen, besonders aber bei der Konjunktion zweier Jupitertrabanten, von denen einer sich dem Jupiter gerade näherte, der andere sich vom Jupiter entfernte. Wenn zwei von diesen nahe beim Jupiter in Konjunktion treten und beide dieselbe Konstellartion haben, nämlich sich vom Jupiter entfernen oder sich auf den Jupiter hinzubewegen, sind sie einander so nahe, dass sie sich gleichsam berühren und sie als ein einziger heller Stern wahrgenommen werden."[2]

Dem fügte Marius hinzu: "In erster Linie war dies aber aus der Konjunktion des dritten und vierten bekannt, wenn sich der Dritte in der größten Elongation befand und keinerlei Bewegung zur Seite aufwies, wie ich später in der Erklärung der Theorie durch Beispiele und Beobachtungen zeigen werde." Er fügt hinzu: "nur äußerst langsam gelangte ich zum Verständnis dieses Phänomens".

Marius hat also erst sehr spät während seiner vierjährigen Beobachtungstätigkeit seine Aufmerksamkeit auf diese Abweichungen gerichtet, aber die Grundlage der Argumentation Galileis bildet gerade die Unverträglichkeit dessen, was Marius gesehen haben wollte mit dem, was er laut Galilei hätte sehen können. Selbst Galilei musste zugeben, dass diese Unverträglichkeit zwei Jahre nach der Entdeckung nicht vorhanden war und dabei verdoppelt er die Zeitspanne, die er zu seinen Gunsten anführen konnte.

Das beweist nicht nur, dass Marius während dieser ersten zwei Jahre seine Aufmerksamkeit auf die Bewegung in der Breite gerichtet hat. Im Gegenteil machen seine Worte deutlich, dass Marius seine Beobachtungen bis 1614 fortsetzte, dabei das sechste Phänomen bemerkte, wobei es in der letzten Periode seiner Forschung selbst nach Galilei keine Inkompatiblität mehr gab. Zu behaupten, dass Marius, bevor er die Abweichungen in Breite bemerkt hat, die Monde nie gesehen hat, ist eine lächerliche Unterstellung, die zum Schluss führen müsste, dass Galilei höchstselbst, der vor der Veröffentlichung des Marius nie eine Regel die Abweichungen betreffend formuliert hat, nicht vor Marius die Monde hätte beobachten können. Diese Argumentation zu der Behauptung zu erweitern, Marius habe die Monde nie gesehen, ist nach unserer Meinung eine grobe Unterstellung. Man müsste mit Galilei annehmen, dass Marius gelogen hat, ...


Fussnoten

  1. [Anmerkung des Bearbeiters] Vgl. Marius, Simon: Mundus Jovialis. Nürnberg: Lauer 1614, Bl. B3v.
    Die Übersetzung folgt hier der von Joachim Schlör von 1988, S. 85.
  2. [Anmerkung des Bearbeiters] Oudemans und Bosscha zitierten an dieser Stelle Marius nur indirekt und fassten sein Argument etwas zusammen. Wir bringen hier wie im folgenden Abschnitt das vollständige Zitat nach der Übersetzung von Joachim Schlör von 1988, S. 105. Das Originalzitat findet sich auf Bl. C4r des Mundus Jovialis.