Briefwechsel Johann Michael Franz


Kurzinformation zum Brief  
Autor Franz, Johann Michael (1700-1761)
Empfänger Scheidt, Christian Ludwig (1709-1761)[1]
Ort Göttingen
Datum 4. Februar 1756
Signatur Universitätsarchiv Göttingen: Kur. 5756, Bl. 182r-184r
Transkription Hans Gaab, Fürth


Unterthänigste Anzeige des Göttingischen Profes-
soris Geographice Johann Mich. Franz, was
man durch die Verbesserung der Weltbeschreibung
verstehet, und wie sich die Cosmographischen Mit-
glieder bey der politischen u. gelehrten Welt
dabey signalisiren können.

1)

Alles, was zur Weltbeschreibung zu rechnen, ist so beschaffen, daß es kann verbessert werden. Was nun aber zu dem Umfange der Weltbeschreib. Wissenschaft gehöre, ist auß der Beylage, genannt Aufmunterung an die Weltbeschreiber[2] zu ersehen. Will nun eine Gesellschafft, die von dieser Wissenschaft den Namen hat, sich vor der Welt sehen lassen, so muß sie durch alle diese Artikel, wie sie in diesem Impresso stehen, ihr Judicium zeigen und daher ist ganz wohl außgedacht, daß, selbige die so genandte Beyträge zur Weltbeschreibung heraußgeben wollen. Durch dieses Werk kann jeder seine Einsichten u. Erfahrungen an Tag legen, u. mittelst glüklicher Urtheile kann man sich über alles, was sich an diese Wissenschaft waget, eine Superioritaet zu Wege bringen. Würden wir uns einen Theil davon, z. E. die Landkarten-Mappirung zum Object nehmen, könnte die Absicht nicht erreichet werden. Doch ist die Landkarten Mappirung eine schwehre Sache, weil man siehet, daß selbst Academien darinne stehlen, wie bey dem Petersburgischen Atlas von Rußland u. bey den Karten des

[Bl. 182v]
Königlichen Messungs Contor in Stokholm zu ersehen, da doch Mathematicis, die an beyden Orten diese Sache dirigiren, es weit besser alß die Ingenieurs verstehen sollten.

2)

Durch dieses Werk der Beyträge hoffet man zuwegen zu bringen, daß sich nach und nach eine allgemeine Geographische Correspondenz nach Göttingen ziehet, worauf ich alß der Verfasser dieses schon lange in Nürnberg das Augenmerk gerichtet. Vielleicht kann man durch dieses Mittel zu sehr nüzlichen Bekandtschafften von aussen gelangen, und mit der Zeit eine so nüzliche Sammlung von Nachrichten und Hülfsmitteln zusammen bringen als nirgendwo zu finden, item auch zu einer Sammlung von Rissen und Zeichnungen, alß dergleichen S. Durchlaucht der Fürst von Waldeck[3] sich gegen mir mündl. geäussert, daß sie der Kosmographischen Gesellschaft alle ihre geographischen Zeichnungen von Niederlanden heim sendten wollten.

3)

Meine zugemessene Beschäfftigungen hiebey sind, daß ich alß ein Mitglied der historischen Classe mit meinen monatlichen Beyträgen fleisig erscheinen, der andren Mitglieder ihre Sachen sammlen und für den monatlichen Druk sorgen will. Daneben sorge ich nach und nach für die Map-

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pierungen, davon ich in diesem Impr. pag. 28. gedacht. Zu welchem Ende, weil diese Arbeit mehrere Hände brauchet, ich ein Paar Studiosos, Nahmens Ekardt und Bartling, davon jener ein Hesse, dieser aus Wernigerode gebürtig, u. die zur Erlernung dieser Wissenschaft, einen besonderen Lust bezeigen, zu prepariren vorgenommen habe.

4)

Die Landmessungs Methode, worunter man nicht die Particular-Messungen der Felder, sondern die geographische Universal Messung der Länder verstehet, und die in diesen Blättern der Beyträge soll gelehret werden, kann nicht nur ausserhalbs, sondern auch seiner Zeit in unsers Allergnädigsten Königs Staaten nüzlich angewendet werden. In dieser Sache besitzen die zwey Professores Mayer und Lowitz eine besondere Geschicklichkeit vor andern Mathematicis, in Erwegung, daß nicht jeder Mathematicus mit Instrumenten umgehen kann, und daß die Mathematici mere[4] Theoretici die Practica abhorriren[5] Auch darzu wollen sich die zway obgedachten Studiosi abrichten lassen.

[Bl. 183v]

5)

Von der Geographia secreta oder der detaillirten politisch-physicalisch Oeconomischen Landbeschreibung eines Staates, die Veit Ludwig von Sekendorf in seinem Fürsten-Staat,[6] und ich in meine deutschen Staatsgeographo[7] außführlich gelehret, habe ich in beygesenden Impresso nichts gedacht, und diese ist dasjenige, darinnnen ich bey der Komsmographischen Gesellschaft am geübtesten bin. Dahero ich mirs alß eine Schuldigkeit anrechne, mich vor andren nach dem Fuß des untertänigst eingeschickten Vorschlags krafft meines Amts als Professor Geographiae employren zu lassen.

6)

Endlich kann die Weltkugel Verlags-Sache der beyden Professoren Mayer und Lowiz diesem gantzen Instituto apud caetero ein grosses Pondus auctoritatis zuwege bringen, nicht so wohl weil es einträglich ist, sondern auch weil es grossen Herren eher alß alles andere in die Augen fället. Und wiederum umgekehrt können

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diese Beyträge, wenn sie mit einem Judicio und Neuen Sachen angefüllt sind, dem Credit der Weltkugeln zu Nuzen seyn, in Betracht, daß man in den Beyträgen alle Augenblick Gelegenheit hat zu zeigen, daß man seine Sache aus dem Grunde verstehe

7)

Die oben gemeldte starke Correspondenz die sich äussern wird, wann sie zumal intendirter maassen recht allgemein wird, wird eine geschickte Einrichtung, und ein eignes Depot und Registratur nöthig haben, worzu ich gleichsam die Stelle eines Secretarii vertreten will. Darzu werde ich einen Schreiber nöthig haben, u. dieses so wohl alß die häufigen Post Spesen werden viele Unkosten aufhäufen, welche Unkosten ich alle à Conto des mildest geschenkten Capitals berechnen und jährlich der Societaet vorlegen werde.

Göttingen den 4. Februar 1756


Fußnoten

  1. Christian Ludwig Scheidt (1709-1761) war seit 1748 Hofrat und Bibliothekar in Hannover. Er wird in der vorliegenden Stellungnahme nicht genannt, bespricht die Anzeige aber in seiner Stellungnahme vom 21. Februar 1756.
  2. Freundliche Aufmunterung an die Weltbeschreiber. Leipzig: Bernhard Christoph Breitkopf 1756
  3. Karl August Friedrich zu Waldeck-Pyrmont (1704-1763) war während des Österreichischen Erbfolgekrieges Oberbefehlshaber der niederländischen Armee.
  4. mere: nur.
  5. abhorriren: vom lateinischen abhorrere: vor etwas zurückschrecken, es verabscheuen, ablehnen.
  6. Der Gelehrte und Staatsmann Veit Ludwig von Seckendorff (1626-1692) bracht 1656 in Gotha seinen Teutschen Fürstenstat heraus. Untertitel:
    Gründliche und kurtze Beschreibung / Welcher gestalt Fürstenthümer / Graff- und Herrschafften im H. Römischen Reich Teutscher Nation, welche Landes, Fürstliche unnd Hohe Obrigkeitliche Regalia haben / von Rechts- unnd löblicher Gewonheit wegen beschaffen zu seyn / Regieret / mit Ordnungen und Satzungen / Geheimen und Justitz Cantzeleyen / Consistoriis und andern hohen und niedern Gerichts-Instantien, Aemptern und Diensten / verfasset und versehen / auch wie deroselben Cammer- und Hoffsachen bestellt zu werden pflegen.
    Von dem Buch gibt es zahlreiche Neuauflagen.
  7. Der deutsche Staatsgeographus: mit allen seinen Verrichtungen, Höchsten und Hohen Herren Fürsten und Ständen im deutschen Reiche nach den Grundsätzen der kosmographischen Gesellschaft vorgeschlagen von den dirigierenden Mitgliedern der kosmographischen Gesellschaft. Frankfurt a.M., Leipzig: Krauß 1753