Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Kirch, Christfried (1694-1740)
Ort Nürnberg
Datum 22. Dezember 1736
Signatur UB Basel: L Ia 688, Bl. 122,1r-2r
Transkription Hans Gaab, Fürth

HochEdler und Hochgelehrter,
Sonders Hochzuehrender Herr,
und Sehrgeneigter Gönner!

Nachdeme auff mein allbereit vor einer geraume Zeit Abgelassenens bishero keine geneigte Antwort erhalten, so nehme mir bey gegenwärtiger Gelegenheit die Freyheit, und empfehle mich auf das neue zu der alten Amitie, die ich jederzeit in viele Consideration gezogen; hiebey aber berichte zu förderst, daß wir weder in Nürnberg noch in Altdorff den Mercurium sub sole (leider!) haben zu sehen bekommen,[1] weil der Himmel sehr wolckigt gewesen, auch hat mein Sohn[2] in Dreßden, der sich auff Pharmaceuticam artem appliciert, nichts davon observieren können, hingegen geben die gedruckte und mir übersandte observationes daß man zu Bononien und Wien darinnen glücklicher gewesen, in Regensburg hat den Transitum Mercurii Herr Rat Schreier,[3] nachdeme unser fleissiger Hl. P. Nicasius Grammaticus ungefehr vor 3 Monathen gestorben,[4] auch noch zimlich wohl observiret; mit dem Herrn Manfredio[5] siehet es auch nicht zum besten aus, weil ihn der Stein allzu sehr tormentiret, den vergangenen Sommer,

[Bl. 122,1v]
und Herbst bin ich bey einem Collegii Experimentali, welches verschiedene illustre Persohnen, und darunter auch ein General vom fränkischen Creise, besuchet, zimlicher massen beschäfftiget gewesen, dann ich mit einer ganz neuen Antlia pneumatica,[6] die ich hier habe machen lassen, viele schöne Experimenta zugleich exhibiret, nun gehet es auff die völlige Ausfertigung meines Atlas caelestis gar loß, da mit den übrigen Charten zu seiner Zeit schuldig aufwarten werde, wozu auch noch die teutsche Introduction fügen werde, wenn Gott Gesundheit und ein längers Leben verleyhen wird:[7] da ich dieses schreibe fället mit bey daß ich in meinem lezten Schreiben auch einen Brieff an Hl. H. Goldbach nach Petersburg mit eingeschlossen, welcher hoffentlich Ihme inmittelst wird zu Handen gekommen seyn, giebet es die occasion daß E. HochEdlen an ihn schreiben, bitte nebst meiner frl. Empfehlung, und in meinem Namen, Selbigen zu ersuchen, daß Er auch an seinen alten freund in Nürnberg dencken, und mit einem Schreiben, da ich keines in etlichen

[Bl. 122,2r]
Jahren von Ihme erhalten,[8] mich beehren mögte, sollte darinnen etwas von einen Experimentis Physicis auch von Observationibus Declinationes magneticae mit beyfolgen, wird es mir um desto erfreulicher fallen. Herr Leutmann und Mr. Brückner aus der Schweiz[9] werden hoffentlich noch im Leben seyn und in Petersburg auch ihr Glück machen, Übrigens will auch noch von E. HochEdlen vernehmen, ob der Tubus reflector Newtonianes, der auf dem Berlinischen observatorio zu finden, auch die fünf Satellites Saturni zeige, der Appetit zu dergleichen instrument ist bey mir noch immer, nur steckt mir ein Zweiffel auch im Kopff, ob man solche, da die Spiegel von der Lufft mit der Zeit von einer Haut überzogen werden, würde bey uns, ohne daß man selbige wieder nach Engeland schicken darff, reparieren können, denn sonsten das Vergnügen zu einem Mißvergnügen ausschlagen kan. Womit mich zu fernern Propension bestens empfehlend, verharre mit aller Hochachtung

  Ew. Hochedlen
Meines Hochzuehrenden Herrn

Nürnberg die solstitio brumalis
    A.C. 1736.

      in Eil.

ergebenster diener
JG Doppelmayr mpp


Fußnoten

  1. Am 11. November 1736 fand ein Merkurtransit statt.
  2. Doppelmayrs Sohn Johann Siegmund (1720-1758) wurde Apotheker in Hof.
  3. Mit Brief vom Dezember 1732 übersandte Grammatici Beobachtungen eines Josua Schreier aus Regensburg. Es dürfte sich um die gleiche Person handeln. Einen Rat Schreier, der den Ratsgremien von Regensburg angehörte, gibt es nach Auskunft des Stadtarchivs Regensburg nicht. Möglicherweise kommt Joseph Schreier (1681-1754) in Betracht, der Nachfolger von Grammatici auf dessen Lehrstuhl in Ingolstadt geworden war. Gegen diese Identifizierung spricht sowohl, dass der Vorname nicht stimmt (Joseph statt Josua) als auch, dass von diesem Schreier nicht bekannt ist, dass er Rat war.
  4. Grammatici starb am 17. September 1736 in Regensburg.
  5. Eustachio Manfredi (1674-1739) war Direktor der Sternwarte in Bologna.
  6. Der Hersteller dieser neuen Luftpumpe ist nicht bekannt. Es könnte sich um Johann Puschner d. J. gehandelt haben.
  7. Doppelmayrs Himmelsatlas kam 1742 bei Homanns Erben heraus, die dazu geplante Einleitung erschien nicht.
  8. Vgl. die beiden Schreiben vom 21. April 1736 an Goldbach und Kirch. Den letzten Brief Goldbachs erhielt Doppelmayr Ende 1733, vgl. den Brief an Goldbach vom 29. Dezember 1733.
  9. Isaac Brückner (1686-1762) war ein Schweizer Mechaniker, der 16 Jahre für die Akademie in St. Petersburg arbeitete. Vgl. ADB 3 (1876), S. 419 (Autor: Moritz Cantor).
    Der Mechaniker und Mathematiker Johann Georg Leutmann (1667-1736) war im Frühjahr 1736 gestorben.