Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Scheuchzer, Johann Jacob (1672-1733)
Ort Nürnberg
Datum 20. Oktober 1728
Signatur ZB Zürich: Ms H 303, S. 391-392
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg den 20. Octobr:
A. 1728.   

HochEdler und Hochgelehrter,
Insonders Hochzuehrender Herr Doctor,
werthester Gönner!

Weil sich eben eine gute Gelegenheit praesentiret, daß Herr Escher[1] von Leipzig über Nürnberg seinen Cours wieder nach Zürich richtet, als habe Ihn mit diesen wenigen Zeilen an E. HochEdlen zu begleiten nicht ermangeln wollen, und zugleich berichten daß nunmehro allhier ganz neue Globi, wie die beykommende gedruckte nachricht zeiget, unter meiner Direction zum Vorschein gekommen,[2] womit der Verleger[3] um den allda am Ende angesezten Preiß denen Liebhabern willigst an die Hand gehen wird, finden sich einige bey Ihnen so recommendire besagten Verleger de meliori[4], damit er an seinen aufwandten Unkosten eine Erleichterung spühren möge. Ich erwarte von dem Herrn Sohn aus Engeland[5] eine Antwort mit Verlangen wie nicht weniger von andren Orthen her, um nur im Gemüth vom vielen Trauern abzusehen, nachdeme vor einem Monath mir meine Frau, die heftiges Febris purpurata[6] überfallen, wider alles Vermuthen durch den Tod entrissen worden,[7] welcher schnelle Zufall mich

[S. 392]
anfänglich sehr afficiret, da lasse nun der Geduld gänzlich Plaz, weil ohne Göttl. Direction nichts geschiehet. Vor zweyen Monathen habe von Mr. de l'Isle aus Petersburg Briefe[8] und darinnen einige Observationes Declinationum magneticarum, die zu Petersburg, Archangel.[9] und Kola[10] sind gehalten worden, überkommen,[11] zeiget sich was aus dern Correspondenzen von der gleichen Materie, will ich um gütige Communication gebetten haben, denn ich gehe schon lang mit Gedancken um, auf einem großen Globo terrestri, nach richtig angedeuteten viis der Polorum magneticorum, zu jeder vorgegebenen Zeit aus einem jeden Orth die competirende Declinationes magneticae auszuweisen wozu noch viele observationes Zeit und Gedult gehören, tarde enim eruuntur quam tam alte jacent.[12] Ich offerire mich im Gegentheil zu andern angenehmen diensten und verharre unter Erlassung Göttl. Protection

    E. HochEdlen
    Meines Hochzuehrenden Herrn Doctoris

ergebenster Diener    
J G Doppelmayr mpp    


Fußnoten

  1. Johannes Escher (1697-1734) war ein Züricher Kaufmann, der ein eigenes Naturalienkabinett angesammelt hatte.
  2. Ab 1728 entstanden unter Doppelmayrs Anleitunge Erd- und Himmelsgloben mit einem Durchmesser von 32 cm. Die "beykommende Nachricht" ist allerdings nicht mitüberliefert.
  3. Der Verleger war der Nürnberger Kupferstecher Johann Georg Puschner (1680-1749)..
  4. De meliori: bestens.
  5. Scheuchzers Sohn Johann Caspar (1702-1729) hielt in London auf. Im Brief vom 9. April 1728 küdigte Doppelmayr an, dass er ihm wieder schreiben wolle.
  6. Auch Friesel (alte Bezeichnung für Fieber mit Ausschlag) oder febris miliaris genannt. Es handelt sich um Scharlach oder eine ähnliche, mit einem Hautausschlag verbundene, fieberhafte Erkrankung.
  7. Susanna Maria Doppelmayr (geb. Kellner) starb am 20. September 1728.
  8. Der Brief von Joseph-Nicolas Delisle (1688-1668) ist nicht überliefert.
  9. Archangelsk.
  10. Halbinsel am Nordrand des Weißen Meeres.
  11. Die konkreten Werte finden sich im Brief von Grammatici an Doppelmayr vom 11. Dezember 1730. Celsius schrieb diese Werte damals ab, worüber sie erhalten blieben. Somit hat möglicherweise Grammatici Doppelmayr diese Werte übermittelt, ohne zu wissen, dass der sie bereits kannte. Nicht völlig auszuschließen ist aber, dass die Zuschreibung von Celsius zu Grammatici an dieser Stelle nicht stimmt.
  12. "Denn nur langsam kommt zum Vorschein, was so tief liegt". Jakob Bernoulli (1655-1705) hatte auf dem Titelkupfer seiner Kometenschrift von 1681 als Sinnspruch vorangestellt: "Tarde eruuntur, quae tam alte jacent".
    Zur Umsetzung des erwähnten Vorhabens kam es im Übrigen nicht.