Briefwechsel Johann Gabriel Doppelmayr


Kurzinformation zum Brief Zum Original
Autor Doppelmayr, Johann Gabriel (1677-1750)
Empfänger Scheuchzer, Johann Jacob (1672-1733)
Ort Nürnberg
Datum 2. November 1724
Signatur ZB Zürich: Ms H 303, S. 347-348
Transkription Hans Gaab, Fürth

Nürnberg 2. Nov. A. C. 1724.

HochEdler und Hochgelährter, insonders Hochzu
ehrender Herr und Großgeneigter Gönner!

Nachdeme ich schon in etlichen Jahren von E. HochEdl. werthsten Persohn und dero Zustand nicht die geringste Nachricht erhalten,[1] so kan ich nicht länger umhin bey gegenwärtiger occasion einen genauern Bericht hiervon mir aus zu bitten, deme, meiner alten Schuldigkeit auch eingedenck, etwas neues von Mr. Schulenburg,[2] und dann was altes von mir zu einer Erkenntlichkeit bey füge,[3] und zu fernern gütigen Propension mich recommendire, absonderlich aber empfehle mich zu geneigten Andencken, da ich nun in dem Begrief bin, meine ehemals edirte Geographische Charten, in welcher die Situs locorum aus dene Observationibus Astronomicis determiniret worden,[4] und E. HochEdl. sonsten von ehemaliger Zeit her bekandt ist, mir die Stellung von Zürich u. Lindau nicht wohl ausgefallen, aus neuern observationen zu corrigiren, wozu mir absonderlich die Eclipses Satellites primi Jovis sehr dienlich sind, so wollte demnach gar frl. wo einige inzwischen bei Ihnen in Zürich observiret worden, oder wohl künfftighin mögten observiret werden, um dern gütige communication, auch so die Polus Höhe allda richtig determiniret worden, gebetten haben, welche Gütigkeit in andern Stücken wieder zu

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verschulden trachten und solches einstens publice zu rühmen nicht unterlassen werde. Übrigens habe noch zu erinnern, daß sich inzwischen beÿ Hl. L. C. Sturms Erben der dritte Theil der Physicae Hypotheticae[5] von dem alten Hl. Sturm bis auf das caput de homine finden soll, wonach ich geschrieben und bis dato zur Antwort erhalten, daß der Sohn des obbesagten, Hl. L. C. Sturms[6] solches in Händen, und vielleicht gar verkaufft habe, welches die Zeit lehren wird, inzwischen sollten ein und ander Anmerkungen von E. HochEdl., so sich das Mstum Sturmianum noch finden sollte, gar dienlich dazu seyn ich werde äusserst trachten daß ich selbiges annoch überkommen möge, damit dem publico auch einmahl damit gedienet werde, absonderlich aber ich dadurch Anlaß bekome zu seyn und zu leisten

  In Eil weil die E. HochEdlen
Gelegenheit bald abgehet     meines Hochgeehrten Hl. Doctoris

P.S. Sollte was von observationes was die Declinationem Magnetis anlanget, in Bereitschaft, werde mich darum de mention recommendieren, absonderlich um diejenige, wo die Zeit, wann sie gehalten werden, dabey stehet.   ergebenster Diener
J G Doppelmayr.

Fußnoten

  1. Der letzte Brief von Doppelmayr an Scheuchzer stammt vom 18. April 1720. Seitdem scheint Funkstille geherrscht zu haben.
  2. Johann Christian Schulenburg (1668-1732) schrieb sich wie Scheuchzer 1692 in Altdorf ein, die beiden dürften sich also gekannt haben. Im Februar 1724 brachte Schulenburg in Bremen eine Arbeit zur Fest-Zeit-Vereinigung heraus, die in überarbeiteter Form im Mai bei Endter neu herauskam. Doppelmayr dürfte die zweite Version mitgeschickt haben:
    - Hoffnung zur Fest-Zeit-Vereinigung nach Anlaß Der, a. 1724. d. 9. und 16. Apr. (auch am 5. st. v.) zu celebrirenden, Ungleichen Oster-Feyer, Auff alle Ostern künfftiger Zeiten, gerichtet. Bremen: Brauer 1724.
    - Unvorgreifflicher Vorschlag zur Vereinigung der Fest-Zeit, auf alle Ostern künfftiger Zeiten gerichtet. Frankfurt, Leipzig: Endter Mai 1724.
  3. Wahrscheinlich sandte Doppelmayr seine Dritte Eröffnung der mathematischen Werck-Schule Nicolai Bion, die bereits 1721 in Nürnberg heraus gekommen war.
  4. 1719 brachte Doppelmayr bei Homann in Nürnberg die erste Version seiner Weltkarte Basis Geographiae Recentioris Astronomica heraus, in der die Koordinaten der verzeichneten Orte mittels astronomischer Beobachtungen festgelegt waren.
  5. Den ersten Band der Physica Hypothetica hatte Sturm selbst 1697 herausgebracht.
    Der zweite Band kam 1722 auf Initiative von Doppelmayr heraus, wobei Christian Wolff (1679-1754) für ein Vorwort gewonnen werden konnte.
    Zum dritten Band schrieb Doppelmayr in seiner Historischen Nachricht von 1730 (S. 121, Fußnote c): "Den dritten Tomum, als Partem physicae specialissimam, absolvirter der Herr Auctor noch vor seinem Ende bis auf das letzte Capitel de anima rationali, solchen nahme hernach der Sohn / Herr L. C. Sturm / (wie er mich längstens in einem Schreiben berichtet) zu sich in die Verwahrung / allein er gienge nach dessen An. 1719 erfolgten Tod verlohren [...]."
  6. Vermutlich Georg Christoph Sturm (1698-1763), der Hofbaumeister in Braunschweig wurde.